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24.2.2017

Die Musik der 25-jährigen Phela zeichnet sich besonders durch ihre poetischen Texte aus. Ihre Lieder handeln von Liebe, Vergänglichkeit und dem neu anfangen. Die auftauchenden Naturbilder in den Songs haben ihren Ursprung auf dem Fluxus-Bauernhof ihres Vaters, des Künstlers und Musikers Jeff Beer in Bayern. Im offenen Hof des Vaters gab es Musik, Skulpturen aus gefundenem Material und besonders auch ländliche Stille. Das alles hat ihre Musik geprägt und spiegelt sich auch auf ihrem Debütalbum wieder, bei dessen Songs sich ihre zarte Stimme mit verhallenden Klavier- und Geigentönen vermischt.

Das Vertrauen, der Mut, die Poesie und die Farben, und all dies gepaart mit Phelas grundtiefer Skepsis gegenüber einer Musikindustrie, die deutschsprachigen Pop mehrheitlich als generisches Radiofutter betrachtet, sind die Zutaten für einen der herausragenden Versuche unserer Tage, der deutschen Sprache eine eigene Tonalität abzuringen.

Ihre CD hat auf Amazon 19 Bewertungen; 19 x 5 Sterne! (Stand 11/16)

Um gemeinsam zu sein mit ihrer zwei Jahre älteren Schwester, die als Kind Klavier spielte, lernte Phela das Geigenspiel „nach Gehör, nicht nach Noten“, wie sie betont, „um meine Schwester am Klavier begleiten zu können.“ Phela durchlief in ihren Jugendjahren anschließend eine vergleichsweise steile Karriere als klassische Geigerin, gewann Wettbewerbe, Preise und — brach von einem Tag auf den anderen alles ab, verschwand nach Paris, wo sie ausgerechnet ins stinkreiche erste Arrondissement hineingewürfelt wurde, mit der RER aber täglich in die Banlieus fuhr, wo sie Fotos von Straßenmusikern machte, „weil sich die Sehnsucht zur Musik über drei Banden in mir zurückmeldete.“ Phela wählte den Weg „zurück nach damals“, ging wieder nach Deutschland, griff sich die verstaubte Geige, begann sie wie eine Gitarre mit der Hand zu spielen, zog nach Hannover. Dort begann sie Musik zu studieren, fühlte sich aber bald von der dort gelehrten Verwertungslogik abgestoßen. Eine Station später, in Berlin, lernt sie Cecil Remmler, Marek Pompetzki und Paul Neumann kennen, die gemeinsam das Numarek Studio in Kreuzberg betreiben. Ohne, dass Phela zu diesem Zeitpunkt je eigene Songs gesungen hätte, vertrauen ihr die drei trotzdem und nehmen mit ihr den Song „Lavendel“ auf — mehr Material, außer einer handgeschriebenen Kladde voller Gedichte, Textminiaturen und Songideen, existierte 2013 noch nicht: „Es ist eigentlich unglaublich, dass die drei ganze zwei Jahre ihres Lebens in mich investiert haben, ich meine: Keiner von uns hatte doch eine Ahnung, ob ich die Musik, die wir da gemeinsam im Studio erarbeiteten, auch live würde vortragen können.“

„Schon seit ich sehen kann, bin ich bei dir“, singt Phela in dem Song „Zeichen“, „und wenn die Augen nicht schlafen wollten, dann gab es dich und das Klavier.“ Und abermals ist es da, dieses verhallte, entrückte, melancholische Piano, und erst mitten im Song bemerken wir Hörer, dass hier eine ganz ernste Botschaft an einen Ungenannten verschickt wird, um den sich mit tiefer Empathie gesorgt wird. Diese Empathie wandelt sich im Refrain zu einer zuletzt selten im Pop gehörten Euphorie: Wenn der unerwartete Akkordwechsel der getragenen Musik und der in ihr zum Ausdruck gebrachten Nahbarkeit mit einem Mal eine Wucht und Dringlichkeit gibt, die jenseits jeder urbanen Coolness aufschlägt.

Fast schon tragisch, dass das verstimmte Klavier nicht den Weg gemeinsam mit Phela von Hannover nach Berlin gegangen ist, wo sie jetzt lebt. Sie hatte am Tag vor ihrem Umzug, quasi in einem Akt des Übermalens der eigenen Vergangenheit weiße Farbe über das Instrument geschüttet, bei einem Videodreh mit Freunden im Schnee, auf der alten Pferderennbahn von Hannover, aber die Farbe trocknete nicht mehr rechtzeitig. „Ich war mir gar nicht bewusst, wie schwer es ist, ein Instrument mit einer solchen Seele hinter sich zu lassen“, sagt Phela zum Abschied: „Aber es war ein schönes Bild — das nun weiße Klavier im weißen Schneetreiben.“